Warum übten gerade diese Straßenzüge in Altona und St. Pauli 
  auf mich einen besonderen Reiz aus? Es sind sehr starke 
  Erinnerungen aus meiner Kindheit damit verbunden. 
  Vor dem zweiten Weltkrieg 
  wohnten wir am "Michel". 
  Zwischen Kuhberg, 
  Venusberg, Zeuhausmarkt, 
  Großneumarkt, der 
  Englischen Planke und dem 
  Kraienkamp wuchs ich auf. 
  Damals war noch der Hafen 
  der größte "Arbeitgeber" 
  der Hamburger. Hafen und 
  Seefahrt standen im 
  Mittelpunkt der 
  Bevölkerung. Unsere 
  Nachbarn waren 
  Barkassenführer, Heizer, 
  Schauerleute, Arbeiter bei 
  Blohm und Voß usw. der 
  Vater meines Freundes war 
  Ewerführer bei Lütgen und 
  Reimers. 
  Nur mein Vater bildete eine Ausnahme, er war Handlungsgehilfe 
  in einem Papierwarengeschäft, ein "Stehkragenproletarier" wie 
  die Nachbarn sagten, einer, der mit Schlips und Kragen zur 
  Arbeit ging, während alle anderen in Arbeitskluft und mit 
  Zampelbüdel und Kaffeetaing Morgens oder auch zur Nacht-
  schicht loszogen. 
  Diese Atmosphäre des Hafenviertels ist tief in meinen 
  Erinnerungen verhaftet: 
  Die Fischfrauen aus Altenwerder, Milchleute aus Moorburg oder 
  Wilhelmsburg, Hafenkrämer mit Schippermütze und braunem 
  Kittel, die vielen Eckkneipen mit elektrischem Klavier, 
  Pferdewagen, Schottschekarren, Gemüsebauern aus den 
  Marschlanden auf dem Schaarmarkt. "Rook un Dunst un Sus un 
  Brus", wie Hermann Claudius sagte. 
 
 
  
 
 
  Der ständige 
  Hafenlärm von den 
  Werften uns Schiffen 
  gesellte sich ja noch 
  dazu. Das ist alles im 
  2.Weltkrieg verloren-
  gegangen. 
  Um den Fischmarkt 
  herum in St. Pauli 
  und Altona war in 
  den 60er und 70er 
  Jahren das 
  Anheimelnde dieser 
  kleinen, betrieb-
  samen und schäbigen 
  Welt noch vorhanden. So ist dann nach und nach diese Bilderserie 
  entstanden, aber aus einer Distanz von 30 Jahren. 
  Als Kriegsgefangener in den USA und England war ich mit neuen 
  Seherfahrungen und -Erlebnissen heimgekehrt. 
  Dieses Hafen-
  viertel entdeckte 
  ich aus einem 
  erweiterten und 
  vertieften Wissen 
  und Empfinden 
  heraus, und ich 
  war bemüht, dies 
  zeichnerisch 
  umzusetzen.
  Es geht also nicht 
  so sehr um die 
  topographische 
  Genauigkeit. 
  Wichtig erschien mir in repräsentativen Motiven, das Typische 
  dieser Straßen und der Gebäude, mit den Mitteln der einfachen 
  Zeichnung, die aus bewegten Strichen, aus Strukturen und einem 
  bestimmten Duktus besteht, zum Ausdruck zu bringen.