Indem der Maler das Motiv zusammenfaßt, erkennen wir häufig das Bekannte wieder, sehen aber mit anderen Augen darauf, jetzt mit
dem Blick des Künstlers, der für sein Bild das Beiläufige aussparte und das für ihn Wesentliche neu zusammenfügte zu seiner
Komposition, die im Falle des stärksten Wiederklingens in uns verhaltene, auch vernehmliche Ahs und Ohs auslöst - dies je nach
Temperament.
"Ich liebe traurige, unrepräsentative Motive", sagt der Künstler, und so sehen wir sie denn vor uns, die baufälligen, einstmals prächtigen
Fassaden, die platzenden Mauern, Holzplanken und Hinterhöfe. Da der Künstler all die Jahre durch Altona, St. Pauli und Eimsbüttel
pirschte, immer auf der Suche nach pittoresker Schäbigkeit, hat sich eine Reihe von Darstellungen im Atelier zusammengefunden, die
inzwischen schon historisch geworden ist.
"Freie und Abrißstadt Hamburg", hat Alfred Lichtwark schon 1912 gewettert,
erbost über die bauliche Erneuerungssucht der verantwortlichen Hamburger
Behördengewaltigen: daran hat sich so viel nicht geändert.
Wrages Version vom Altonaer Fischmarkt, "Der Krämer" von 1970 an der
Köhlbrandtreppe, "Die Gärtnerei" von 1963 in Eimsbüttel oder der Blick auf die
"St. Pauli Kirche am Pinnasberg", alles dies ist verschwunden oder inzwischen
baulich verändert worden. Die Kämpfe heute um den Erhalt der Speicherstadt
sind ein gegenwärtiges Beispiel für
das mangelnde Verständnis zum
Erhalt traditionsreicher Besonder-
heiten.
Machte der Künstler lange Zeit
seine Vorzeichnungen mit dem
Filzstift und führte dann recht streng Farben in die Rhythmische Konstruktion der Linien, so
zeichnet er seit Anfang der 80er Jahre mit Bleistift und hat dadurch mehr Freiheit, die
Farben bewegter einzusetzen, wobei die sehr bewußte Gliederung des Entwurfs auch beim
Malen selten verändert wird.
Zeichnen und Aquarellieren, - auch das Ölmalen geschieht vor der Natur, sei es unter neu-
gierigen Kinderaugen in einem Altonaer Hof, im Auto sitzend an verkehrsreicher Straßen-
kreuzung, zwischen verrosteten Eisenteilen im Hafengelände oder auf einem einsamen
Nordseedeich zwischen unbeteiligt grasenden Schafen, wo nur der Ruf eines Austernfischers
die Stille unterbricht. Auch hier findet er Motive ohne Sensation:. Der Künstler sucht lange,
ehe er mit dem malen beginnt, der Aufbau des gewählten Ausschnittes muß für ihn
stimmen: Durch graphische Linien der Landschaft, Proportionen von Architekturen oder
Farbtupfer, die ihn fesseln.
"Ich sehe das Bild bei Beginn völlig abstrakt, - aus den Formen entwickeln sich bei der Arbeit
dann Gegenstände", sagt Hans Wrage, der sich so ganz nebenbei auch noch intensiv mit der
Historie von Stadt und Land befaßt, die ihn künstlerisch beschäftigen.